Heinrich Isaac und der Choralis Constantinus
Heilige Ursula und die 11.000 Jungfrauen
An der Wende zum 15. Jahrhundert war der Komponist Heinrich Isaac (ca. 1450-1517) eine vorherrschende Figur an den europäischen Höfen, und sein musikalisches Schaffen nährte sich aus dem kulturellen Erbe eines Kontinents, der auf die Renaissance zusteuerte. Seine vielen Reisen und Begegnungen trugen zum Reichtum und zur Vielfalt seines Schaffens bei: Florenz am Hof der Medici, Rom und Österreich im Dienste Maximilians I., Deutschland im Herzogtum Sachsen und am Hof von Passau in Bayern und schließlich die Schweiz anlässlich des Konstanzer Landtags.
Ausgangspunkt für dieses Konzert ist das in der Sammlung polyphoner Motetten Choralis Constantinus (Nürnberg, 1550-55) enthaltene Repertoire für die Proprium Messe, insbesondere die Motettenfolge Virginalis turma sexus, komponiert für das Fest der Heiligen Ursula und der 11.000 Jungfrauen. Der Text dieser Komposition, die wahrscheinlich im 9. Jahrhundert geschrieben wurde, beschreibt die Legende der Pilgerfahrt der Heiligen Ursula und ihrer Begleiterinnen nach Rom. Im Werk von Isaac (und seinem Schüler Ludwig Senfl) sind die textlichen und musikalischen Elemente dieser ursprünglich monodischen Sequenz teilweise mehrstimmig gesetzt.
Neben Vokalwerken werden Orgel- und Lautentabulaturen der Werke Isaacs und seiner Zeitgenossen einen wichtigen Teil des Programms bilden. Unsere Orgel ist neulich nach einem Faksimile eines italienischen Orgelpositivs aus dem späten 15. Jahrhundert nachgebaut. Das Modell basiert auf der Darstellung einer Intarsie eines Chorgestühls, die in der Stiftskirche von San Quirico d'Orcia in der Toskana erhalten ist. Die Einlage stellt wahrscheinlich die Orgel dar, die am Hof von Siena verwendet wurde, und ähnelt dem Typ des Orgelpositivs, das Isaac oder einer der Organisten, die seine Reisen begleiteten, benutzte. Es ist das erste Mal, dass ein Instrument dieser Art heute für so ein Projekt verwendet wird. Sein Klang, der sich stark von den Orgeln unterscheidet, die bisher zur Interpretation der Musik von Isaac und seinen Zeitgenossen verwendet wurden, wird unserer Arbeit eine besondere Farbe verleihen.
Interpret*Innen: Maria Andrea Parias – Sopran | Giovanna Baviera – Mezzo, Viola da Gamba | Ivo Haun – Tenor | Ryosuke Sakamoto – Laute, Viola da Gamba | Catalina Vicens – Orgelpositiv | Joel Frederiksen – Bass, Laute